Um die beschädigten historischen Gebäude von Beirut fachgerecht restaurieren zu können, startete im Oktober ein Fortbildungsprogramm zu traditionellen Handwerkstechniken für Maurer, Schreiner und Metallhandwerker am Beispiel des Hauses Medawwar 749 in der Altstadt von Beirut.
Am 4. August 2020 erschütterte eine gewaltige Explosion im Hafen die Stadt Beirut im Libanon. Sie kostete viele Menschenleben und zerstörte in mehreren Stadtvierteln Wohnhäuser, öffentliche Bauwerke und eine große Zahl der für Beirut so charakteristischen historischen Mittelhallenhäuser.
Rund 1000 historische Gebäude wurden geschädigt, 93 davon so schwer, dass sie umfassend restauriert werden müssen. Die Besitzer sind nicht nur finanziell überfordert, auch Handwerker mit Knowhow der traditionellen Bauweise und der Verarbeitung der historischen Materialien sind im Libanon inzwischen sehr rar.
Seit dem 25. Oktober 2021 wird daher ein Fortbildungsprogramm für Maurer, Schreiner und Metallhandwerker angeboten, mit dem am Beispiel des Hauses Medawwar 749 die traditionellen Techniken an insgesamt 25 interessierte Handwerker weitergegeben werden. Die fragile Statik des Hauses wird zudem genutzt, Statiker in den Besonderheiten der Konstruktion dieser traditionellen Häuser weiterzubilden. Betreut wird dieser Projektteil vom Statikbüro Axel Seemann, Berlin, das weltweit Restaurierungsmaßnahmen historischer Architektur begleitet. Bereits wenige Tage nach der Explosion waren das Statikbüro sowie Angehörige des KulturGutRetter-Projektes nach Beirut gereist, um die Schäden zu evaluieren und erste Not-Maßnahmen zu koordinieren. Auf diesem Einsatz baut die aktuelle Maßnahme nun auf.
Am 17. November 2021 fand im Beisein des Botschafters der Bundesrepublik Deutschland im Libanon, Andreas Kindl, eine Begehung des Hauses Medawwar 749 und des Fortbildungsprojekts statt. Für den schnellen Fortgang der Restaurierungen weiterer geschädigter Häuser in Beirut nimmt das Projekt eine Schlüsselposition ein, denn derzeit sind im Libanon nur noch zwei bis drei Handwerker pro Gewerbe in der Lage, solcher Art fachgerechte Restaurierungen zu übernehmen. Das Ziel ist es daher, fast vergessene Handwerkstechniken weiterzugeben und zu erreichen, dass durch eine größere Anzahl entsprechend ausgebildeter Handwerker die Restaurierung der vielen, durch die Explosion zerstörten Häuser fachgerecht und zügig erfolgt.
Das Haus Medawwar 749 im Stadtviertel Gemmayze in Beirut gehört zu den ältesten Häusern, die hier errichtet wurden. Seine Bausubstanz ist noch weitgehend original erhalten, das Haus ist zudem architektonischer Zeuge der Stadterweiterung Beiruts über die Stadtmauer hinaus. Es ist daher denkmalgeschützt. Die Explosionskatastrophe zerstörte Fenster, Türen und die typische Dreibogen- und Balkon-Struktur fast vollständig, Teile der Mauern brachen heraus, der Dachstuhl wurde erheblich geschädigt, die für die Häuser typischen Deckenkonstruktionen „Baghdadi“ aus einem Holz-, Stroh- und bemalter Putzschicht brachen herunter.
Die Orient-Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts, finanziert aus Mitteln des Kulturerhalt-Programms des Auswärtigen Amts, unterstützt das von libanesischen Architekten der Gruppe „Beirut Built Heritage Rescue“ konzipierte Projekt, das unter der Schirmherrschaft der libanesischen Antikenverwaltung läuft. Ziel ist es, Hausbesitzern, NGOs und Institutionen einen größeren Handlungsspielraum zu eröffnen, indem entsprechend ausgebildete Handwerker zur Verfügung gestellt werden.
Ein Teil der Handwerker wird durch die NGO „March“ betreut, die sich bereits umfangreich in der Wiederherstellung der historischen Häuser und der Sozialstruktur der betroffenen Stadtviertel in Beirut engagiert. Eine Rückkoppelung in bereits laufende und anstehende Restaurierungsprojekte ist damit weiteres Ziel des Projekts.
Projekt „Beirut – Ausbildung von Handwerkern“
Finanziert durch Auswärtiges Amt – Kulturerhalt
Leitung und Durchführung: Directorate General of Antiquities, Lebanon; Deutsches Archäologisches Institut – Orient-Abteilung; Architekten der Initiative „Beirut Built Heritage Rescue“
Quelle: Deutsches Archäologisches Institut
Die Arbeit des Archaeological Heritage Network wird von vielen Partnern national und international getragen und vom Auswärtigen Amt und der Gerda Henkel-Stiftung gefördert.